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Gesundheit und Alkohol: Passt das zusammen?

  • Autorenbild: Julian Schäffer
    Julian Schäffer
  • 13. Jan.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. März

Ein frohes neues Jahr wünsche ich dir! Vielleicht hast du ja auch mit einem Glas Sekt auf das neue Jahr angestossen und dir dabei gute Vorsätze für die kommenden Monate vorgenommen. Mehr Sport, gesünder Essen, weniger Stress - weniger Alkohol. Der "Dry January" (frei übersetzt: der alkoholfreie (trockene) Januar) ist schon seit einiger Zeit ein Trend und ein beliebter Neujahrsvorsatz.

Gerade zum Jahresbeginn, nach den "feuchtfröhlichen" Feiertagen, hinterfragen viele ihren Alkoholkonsum und ihre Trinkgewohnheiten. Auch steht die Frage im Raum, wie Alkohol und ein gesunder Lebensstil vereinbar sind. Ist der gelegentliche Sekt zum Anstossen okay, oder sollte man komplett darauf verzichten? Diese und weitere Fragen möchte ich in diesem Beitrag beleuchten.

Regal in einer Bar voll mit Spirituosen
Alkohol ist immer noch extrem beliebt (Foto von Jeremy Bishop auf Unsplash)

Warum trinken wir Alkohol?

Alkohol gehört in unserer Kultur zum Alltag und ist oft fest in sozialen Ritualen verankert. Doch warum greifen wir Menschen überhaupt zu alkoholischen Getränken? Die Antwort ist komplex und liegt in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren.


Biologische Gründe:

  • Neurochemie: Alkohol wirkt auf unser Belohnungssystem im Gehirn. Das erklärt, warum wir uns nach einem Drink entspannt und gut fühlen.

Psychologische Gründe:

  • Stressbewältigung: Alkohol kann helfen, Stress abzubauen und negative Emotionen zu dämpfen, zumindest kurzfristig.

  • Soziale Angst: In Gesellschaft kann Alkohol enthemmend wirken und soziale Ängste reduzieren.

Soziale Gründe:

  • Kulturelle Normen: In vielen Gesellschaften ist Alkoholkonsum Teil der Kultur und wird als normal angesehen.

  • Soziale Einflüsse: Freunde, Familie und Kollegen beeinflussen unseren Alkoholkonsum.

  • Verfügbarkeit: Ist Alkohol leicht zugänglich und günstig, wird er tendenziell häufiger konsumiert.


Alkohol aktiviert also unser Belohnungssystem, dient uns nach einem stressigen Tag zur Entspannung oder lockert die Stimmung auf einer Party, sodass auch der/die gemeine Mitteleuropäer/in gerne die Tanzfläche betritt oder einen kleinen Flirt startet. Ausserdem trinken ja "alle" auf der Party und man möchte nicht als Aussenseite erscheinen. Auch Genuss ist ein beliebtes Argument, um Alkoholkonsum zu rechtfertigen. Gerne trinkt man nach einer anstrengenden Wanderung in den Bergen ein Glas Bier auf einer Hütte oder geniesst ein Glas Wein zum Abendessen. Bringt (moderater) Alkoholkonsum aber auch gesundheitliche Vorteile mit sich?

  

Alkohol und Gesundheit

Oft wird auch heute noch argumentiert, dass bspw. ein Glas Rotwein am Tag gesundheitliche Vorteile bringt, weil die in der Schale der Weintrauben enthaltene Polyphenole (bspw. Resveratol) antioxidativ wirken und welchen deshalb gefässschützende Eigenschaften zugesprochen werden. Mittlerweile ist man sich in der Wissenschaft jedoch einig, dass selbst moderater Alkoholkonsum keinen gesundheitlichen Mehrwert mit sich bringt – ganz im Gegenteil [1, 2, 3]. Ethanol, den wir gemeinhin als Alkohol bezeichnen, ist in erster Linie ein Zellgift, weshalb er auch u.a. Einsatz in Desinfektionsmitteln findet. Der Trinkalkohol wirkt v.a. im zentralen Nervensystem (ZNS), d.h. Gehirn und Rückenmark und beeinflusst dort verschiedene Botenstoffe, was zu den oben beschriebenen Wirkungen führt. Ausserdem erweitert der Alkohol die Blutgefässe, was zu einem wärmenden Gefühl und einem Absinken des Blutdrucks führt. Durch den Abbau von Trinkalkohol im Körper entsteht Acetaldehyd, was wiederum toxisch wirkt und als krebserregend gilt. Langfristig kann Alkoholkonsum zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen, darunter bspw.:


  • Leberschäden: Fettleber, Hepatitis, Zirrhose

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall

  • Krebs: Mund-, Rachen-, Speiseröhren-, Leber-, Brustkrebs

  • Psychische Störungen: Depressionen, Angstzustände, Abhängigkeit

  • Neurologische Schäden: Gedächtnisstörungen, Demenz


Gemäss aktueller Daten der WHO [4, 5] ist selbst geringer Alkoholkonsum riskant. Zwar gibt es Hinweise auf mögliche, wenn auch geringe, positive Effekte hinsichtlich des Herz-Kreislauf-Systems, jedoch steigt mit der Menge des konsumierten Alkohols auch das Krebsrisiko rasant. In der Europäischen Region der WHO wird die Hälfte aller Krebserkrankungen, die auf Alkohol zurückzuführen sind, durch "leichten" und "moderaten" Alkoholkonsum verursacht. Das bedeutet, dass bereits weniger als 1,5 Liter Wein oder 3,5 Liter Bier pro Woche das Krebsrisiko erhöhen. Eine gesundheitlich "sichere" Menge getrunkenen Alkohols konnte bisher nicht ermittelt bzw. definiert werden.

Neben den physischen Folgeschäden müssen unbedingt auch die negativen psychosozialen Auswirkungen betrachtet werden [6]. Hierzu zählen u.a. Hemmungslosigkeit, Aggressionen und Gewalttätigkeiten und damit einhergehende Straftaten. Bei chronischem erhöhtem Alkoholkonsum kommen ausserdem pathogene (krankmachende) Veränderungen hinzu, welche von Depressionen bis hin zum Abbau intellektueller Fähigkeiten, zum Deliri­um oder gar zum Suizid reichen. Ergänzt werden diese Folgen oft durch familiäre Spannungen, Verlust von Freunden, Arbeitslosig­keit, Verlust der Fahrerlaubnis und Verschuldung.


Du möchtest abnehmen und deinen Körperfettanteil senken? Dann solltest du das vor dem nächsten Feierabendbier beachten: Ethanol enthält 7 kcal/g und damit nahezu doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate (bspw. Zucker und Stärke) oder Proteine/Eiweiss. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung weist darauf hin [7], dass ein alkoholisches Standardgetränk (100 ml Wein, 300 ml Bier oder 2 cl Spirituosen) jeweils mindestens 70 kcal liefert. Eine Flasche Lagerbier (330 mL) enthält bspw. ungefähr 140 kcal. Zu beachten ist hierbei, dass alkoholische Getränke nahezu ausschliesslich leere Kalorien mit sich bringen, da sie oft keine essenziellen (lebenswichtigen) Nährstoffe enthalten. Da der Alkohol direkt abgebaut und nicht gespeichert werden kann, kommt die Fettverbrennung zum Stillstand, d.h. der Abbau des Körperfetts ist während des Abbaus des Alkohols nicht mehr möglich [6,8,9]. Auch hemmt Alkohol die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen aus der Nahrung.

Wäge also gut ab, ob du Alkohol als Bestandteil deiner Ernährung/Lebensstils beibehalten möchtest oder ob er evtl. deinen Zielen wie bspw. deinem Traumkörper im Weg steht. Überlege dir, was dir wichtig ist und setze Prioritäten. Gibt es evtl. auch Alternativen zu alkoholischen Getränken für dich, welche dir schmecken? Mehr dazu erfährst du weiter unten im Beitrag.


Alkohol und Sport

Mit gesundem Menschenverstand betrachtet könnte man meinen, die Sache mit dem Alkohol und Sport sei klar. Ethanol und seine Abbauprodukte sind Zellgifte und schaden deshalb dem Körper und damit auch der sportlichen Leistung. Aber ganz so einfach ist es nicht: Es kommen zwar verschiedene Studien zu dem Ergebnis, dass Alkoholkonsum auf bestimmte Faktoren, welche die Leistungsfähigkeit im Sport beeinflussen, negative Auswirkungen haben kann. Dazu zählen die Funktion des Immun- und Hormonsystems, der Blutfluss und die Proteinsynthese (Herstellung von Proteinen/Eiweissverbindungen im Körper) [10]. Auch die Rehydrierung des Körpers nach dem Sport kann, je nach konsumierter Menge, beeinflusst werden [11]. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Leistungseinbussen bzw. verminderter Regenrationsfähigkeit des Körpers aufgrund der Komplexität der Vorgänge im menschlichen Organismus nicht leicht herzustellen [12]. Viele klare Belege für den schädlichen Einfluss von Alkohol auf den menschlichen Organismus wurden bisher nur unter Laborbedingungen geliefert. Aber: Empfehlenswert ist der Konsum von Alkohol vor, während oder nach dem Sport aber trotzdem nicht. Auch ohne hundertprozentige Studienlage sollte klar sein, dass Alkoholgenuss und Sport nicht gut zusammengehen – eben der gesunde Menschenverstand. Je nach sportlichem Ziel solltest du also gut überlegen, zu welchem Zeitpunkt und in welchen Mengen du Alkohol konsumierst. Wasser ist immer noch das beste Getränk, um den Körper mit Flüssigkeit zu versorgen. Bei langen Sporteinheiten kannst du ein isotonisches Getränk zu dir nehmen, um dir auch wieder über den Schweiss verlorene Elektrolyte zuzuführen. Gegen ein alkoholfreies Bier nach dem Sport ist auch nichts einzuwenden.


Alternativen zu alkoholischen Getränken

Glücklicherweise gibt es heute zahlreiche alkoholfreie Alternativen, welche zum Anstossen auf Partys, als Begleiter zu einem feinen Essen oder zur Rehydrierung nach dem Sport dienen können. Mittlerweile sind die Supermarktregale gefüllt mit unterschiedlichsten Sorten von alkoholfreiem Bier und Wein. Auch alkoholfreie Spirituosen werden zahlreich angeboten. Hier lohnt es sich, auszuprobieren und zu experimentieren, welche Alkoholalternativen einem schmecken und welche Longdrinks und Cocktails mit den 0-Prozent-Spirituosen kreiert werden können.


Meine persönliche Meinung

Dieser Beitrag soll nicht dazu dienen, jemanden zu bekehren oder zu belehren. Er soll aufklären und aufzeigen, wie der aktuelle wissenschaftliche Stand zum Thema Alkohol und Gesundheit ist. Ich persönlich verzichte nicht komplett auf Alkohol – ein Bier ab und zu genehmige ich mir. Aber ich muss zugeben, dass Alkohol mich immer weniger begleitet. Mittlerweile kenne ich viele verschieden alkoholfreie Biere, die mir schmecken und geschmacklich einem "richtigen" Bier in nichts nachstehen. Wenn es auf einer Party oder einer Familienfeier etwas länger geht, geniesse ich den unverkaterten nächsten Morgen und freue mich, dass ich aktiv in den Tag starten kann. Die Zeit, die ich sonst mit dem Auskurieren der Nachwirkungen des Alkohols auf der Couch verbracht hätte, nutze ich dann bspw., um in die Natur zu gehen, Sport zu treiben oder Zeit mit Familie und Freunden zu haben. Ich freue mich darüber, dass es immer weniger Fragen auf Partys dazu gibt, warum man nichts trinkt – obwohl ich das leider immer noch erlebe. Auch ist erfreulich, dass es einen erkennbaren Trend zu weniger Alkohol in unserem Alltag gibt.Probiere es doch einfach mal aus, deinen Alkoholkonsum zu reduzieren und schaue, wie es dir damit geht. Sprich gerne mit mir als Ernährungstherapeut darüber oder auch mit deinem Arzt.


Quellen:

  1. Stockwell, T., Zhao, J., Panwar, S., Roemer, A., Naimi, T., & Chikritzhs, T. (2016). Do „Moderate" Drinkers Have Reduced Mortality Risk? A Systematic Review and Meta-Analysis of Alcohol Consumption and All-Cause Mortality. Journal of Studies on Alcohol and Drugs, 77(2), 185–198.

  2. Stockwell, T., Zhao, J., Clay, J., Levesque, C., Sanger, N., Sherk, A., & Naimi, T. (2024). Why do only some cohort studies find health benefits from low-volume alcohol use? A systematic review and meta-analysis of study characteristics that may bias mortality risk estimates. Journal of Studies on Alcohol and Drugs, 85(3), 441–452. https://doi.org/10.15288/jsad.23-00283

  3. Mostofsky, E., Chahal, H. S., Mukamal, K. J., Rimm, E. B., & Mittleman, M. A. (2016). Alcohol and immediate risk of cardiovascular events: a systematic review and dose-response meta-analysis. Circulation, 133(10), 979–987.

  4. World Health Organization. (2022). No level of alcohol consumption is safe for our health. WHO/Europe. https://www.who.int/europe/news-room/04-01-2023-no-level-of-alcohol-consumption-is-safe-for-our-health

  5. Anderson, B. O., et al. (2023). Health and cancer risks associated with low levels of alcohol consumption. The Lancet Public Health, 8(1), e6-e7. 

  6. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung. (2011). Alkohol. Merkblatt Alkohol. Bern: SGE.

  7. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung. (2015). Alkoholische Getränke. In Fragenkatalog. Abgerufen am [05.01.2025] von https://www.sge-ssn.ch/fragenkatalog/alkoholische-getraenke/

  8. Stehle, P. (2017). Alkohol. In H. Biesalski, S. Bischoff, M. Pirlich, & A. Weimann (Hrsg.), Ernährungsmedizin (5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Georg Thieme Verlag KG.

  9. Zimmermann, A., & Weber, M. (2017). Einfluss von Alkohol auf die Triglyzeride. In H. Biesalski, S. Bischoff, M. Pirlich, & A. Weimann (Hrsg.), Ernährungsmedizin (5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Georg Thieme Verlag KG.

  10. Barnes M. J. (2014). Alcohol: impact on sports performance and recovery in male athletes. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 44(7), 909–919. https://doi.org/10.1007/s40279-014-0192-8

  11. Shirreffs, S. M., & Maughan, R. J. (2006). The effect of alcohol on athletic performance. Current Sports Medicine Reports, 5(4), 192–196.

  12. Vella, L. D., & Cameron-Smith, D. (2010). Alcohol, athletic performance and recovery. Nutrients, 2(8), 781-789.

 
 
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